MIC ON TOUR- BERLIN – USEDOM

MIC ON TOUR BERLIN - USEDOM

Längst geplant- oft verschoben- abgesagt… diese Wörter hört man oft in Verbindung mit der Abschieds-Tour von KISS. So konnte ich meine Planung von der MIC Berlin-Usedom Tour auch nennen.

Es gab genug Gründe für manche Verschiebung: schlechtes Wetter, falsches Fahrrad, die Bahn ist zu voll.  Aber auch KISS haben es letztendlich geschafft, die Welt- Tour zu starten.

Die Vorbereitung

Die Vorbereitung begann mit den Überlegungen: Was muss ich mitnehmen? Wie packe ich das ein?

Als erstes habe ich mir eine Fahrradtasche für den Gepäckträger gekauft. Für was…? Den  Gepäckträger…? Ich habe gar kein Gepäckträger 😔. Ein Fahrrad mit Gepäckträger sieht nicht sportlich genug aus für meinen Geschmack. 

Nach einem Fehlkauf hat der zweite Gepäckträger schon auf mein Fahrrad gepasst und die Fahrradtasche hatte ihren perfekten Platz. Ich muss zugeben- ein Fahrrad mit Gepäckträger sieht doch nicht so uncool aus. 

Jetzt konnte die Planung beginnen: 

Berlin – Usedom 240 km. OK, wie lange werde ich dafür brauchen? Drei Tage, vielleicht sogar nur zwei. Bin ich fit genug, an einem Tag 160 km zu fahren?

Die große Ernüchterung kam, als ich bei Komoot ( Navigations-App für Fahrradfahren und Wandern) mein Ziel eingegeben habe. Die App empfiehlt vier Etappen von Berlin nach Usedom. Das ist mir eindeutig zu lang! Ich beschloss einfach loszufahren und unterwegs nach Gefühl zu entscheiden, wie es weitergeht.

Brauche ich eine Machete ?

Am Abend vor der Fahrt habe ich noch unseren Lieblingstürken besucht. Als ich ihm von meinem Plan berichte, sah ich ein großes Unverständnis in seinen Augen. Das bestätigte mich: genauso, du machst alles richtig.

Als er mich fragte, ob ich keine Angst habe und nicht lieber eine Machete gegen die wilden Tiere mitnehmen möchte, wusste ich seinen Humor zu schätzen -oder weiß er vielleicht  mehr als ich….? Schließlich hatte man vor paar Wochen in Kleinmachnow einen Löwen gesichtet …

Die Machete passte nicht in meine Tasche, also fuhr ich ganz “unbewaffnet” und blauäugig los.

Auf meiner Liste standen neben dem Fahrrad-Werkzeug, Luftpumpe und Fahrradschlauch für den Fall einer Panne. War alles da, bis auf den Schlauch…  ach kein Problem- den hole ich mir schon unterwegs. In der Tasche fanden neben den Regensachen, Wasser, Powerbank und Werkzeug noch ein paar Müsliriegel und Bananen Platz.

Die Vorbereitungen waren abgeschlossen, jetzt konnte es losgehen.

TAG 1.

Etappe 1. Bernau => Joachimsthal

Die Fahrt 

Abfahrt wie geplant um 6.00 Uhr, also pünktlich um 7.00 Uhr, saß ich in der S-Bahn in Richtung Bernau. Dort ausgestiegen, sah ich das erste Schild „Usedom-Berlin Radweg“. Ich dachte mir: Das ist doch ganz easy, jetzt kann es losgehen! Nach ca. 4 bis 5 km stellte ich fest, dass ich mich parallel zur S-Bahn in Richtung Berlin bewege. 

An alle, die denken, dass „Usedom-Berlin Radweg“ und „Berlin-Usedom Radweg “ – das gleiche sind: Herzlichen Glückwunsch, Ihr kommt nie nach Usedom.

Schnell gewendet, bevor jemand mitbekommt, dass ich den Unterschied auch nicht bemerkt habe. Nach kurzer Fahrt durch Bernau, eine Rechtskurve und ich befinde mich im Wald. Ein kurzer Blick auf den Navi, die nächsten 40 km fahre ich in einem Naturschutzgebiet. 

Aber da war doch noch was…. Was war das nochmal?

Ich wurde von der Natur sofort gefangen und von einem Highlight zum anderen geleitet. Es ist ein fantastisches Schauspiel, wenn die Natur frühmorgens den neuen Tag begrüßt. Das Lichtspiel zwischen den Baumkronen, die kleine Seen mitten im Wald. Ein großes Gehege mit frei laufenden Pferden. Man wird so gut abgelenkt, dass man sich nicht entscheiden kann, ob man rechts oder links schauen soll. Und was für einen Stadtmenschen erschreckend ist, ist die absolute Ruhe, die nicht mal von meiner frisch geölten Fahrradkette gestört wurde. Das nennt man im Einklang mit der Natur!

Aber irgendetwas wollte ich noch machen….

Sehenswürdigkeiten Etappe 1

  • Bernauer Stadtmauer. Die Stadtmauer Bernaus ist ein Überbleibsel eines ursprünglich dreifachen Wall- und Grabensystems, das die Stadt vor feindlichen Übergriffen schützen sollte.
  • Biesenthal. Das Städtchen Biesenthal bezaubert mit einem historischen Altstadtkern.
  • Rosenbecker Schleuse. Die Schleuse Rosenbeck ist eine halbautomatisierte Schleuse. Sie liegt am Werbellinkanal zwischen Marienwerder und Eichhorst.

Etappe 2. Joachimsthal => Prenzlau

Nach der Pause, wo ich mein Gepäck um mehrere Riegel und ein paar Bananen erleichtert habe, ging es weiter in Richtung Prenzlau.

Nach einer Einfahrt in den Wald begrüßte mich ein großes Schild „Achtung Wegschaden“.

Da wusste ich sofort, was ich vergessen habe…ich wollte mir doch noch einen Schlauch kaufen, damit ich einen Platten schnell reparieren kann.

Hmmm jetzt war ich mitten im Wald und die Straße hatte einen Schaden. Nun hilft nur, vorsichtig zu fahren und zu hoffen, dass es irgendwie schon gut gehen wird. In Joachimsthal, das tatsächlich nur ein größeres Dörfchen ist, konnte ich keinen Fahrradladen entdecken, um mir endlich einen Reserve- Schlauch zu kaufen.  

Im Hinterkopf hatte ich noch die Worte meines Lieblings-Dönerverkäufer und machte mir Gedanken, was noch alles auf mich zukommen könnte. Dann habe ich den großen Straßenschaden gesehen…

Mein Körper fühlte sich wie gelähmt an- vor Lachen. 

Der Schaden, vor dem man als Fahrradfahrer in Mecklenburg-Vorpommern gewarnt wurde, entpuppte sich als ein kleines Hügelchen auf dem Asphalt.

Als ein Berliner Radfahrer konnte mich das Hügelchen nicht besonders beunruhigen. In Berlin erinnern die Fahrradwege eher an eine Teststrecke für Geländewagen als an einen Weg, wo man ohne größeren Schaden als Radfahrer überleben kann.

Den gesamten Stress haben die schönen Seenlandschaften wieder gut gemacht. Vorbei an den Blumberger Teichen, wo nachweislich rund 200 verschiedene Vogelarten, Biber und Fischotter zu Hause sind. Dort kann man die Kunstwerke der fleißigen Biber bewundern. Ich bin mir nicht  sicher, ob die Biber ihre Arbeit mit dem örtlichen Försterei absprechen, aber wenn man so fleißig ist, kann auch mal etwas schiefgehen. 

In Prenzlau angekommen- als erstes Wasser im Supermarkt getankt. Ich muss daran denken, beim Fahrradfahren immer genug Wasser mitzunehmen. Mitten im Wald findet man sehr selten einen Supermarkt. Es liegt wahrscheinlich daran, dass Biber und Fischotter Selbstversorger sind.

Prenzlau hat eine schöne Fußgängerzone, wo man an jeder Ecke eine Eisdiele findet. Vielleicht lag es an einem Kaloriendefizit, aber ich sah nur Eis, Kuchen und andere süße Versuchungen. Nach einem größeren Softeis sah die Welt schon ganz anders aus. Obwohl… für einen Käsekuchen und Kaffee war auch noch etwas Platz da.

Nach ca. 1.500kcal war ich für die Weiterfahrt bereit.

Sehenswürdigkeiten Etappe 2

  • Blumberger Fischteiche. Seit dem 13. Jahrhundert werden im heutigen Fischteiche Blumberger Mühle Fische gezüchtet.
  • 1 Fahrradkirche Brandenburgs – Glembeck
  • Dorfmuseum Glenbeck

Etappe 3. Prenzlau = > Ueckermünde 

Für die dritte Etappe von Prenzlau nach Ueckermünde lagen läppische 60 km vor mir.

Nach 110 km in den Beinen war ich nicht so sicher, ob ich mich schon vorher nach einer Übernachtungsmöglichkeit umsehen sollte.

In Prenzlau findet man sogar einen Fahrradladen, wo man einen Fahrradschlauch ( ok zwei, sicher ist sicher) bekommt. Das Zittern vor einer Panne hat ein Ende, jetzt muss ich nur noch fahren.

Die nächste große Stadt Pasewalk wartet schon auf mich, aber es muss nicht alles immer glatt laufen.

Mein Navi, der mittlerweile an dem Kabel von der Powerbank hängt, zeigt mir eine scharte Kurve nach rechts und ich könnte die Landstrasse verlassen. Na dann, wenn ein Navi das sagt, dann stört es nicht, dass dort ein großes Schild auf dem Weg steht. Es stört auch nicht, dass es darauf: „Militärischer Bereich. Betreten auf eigene Gefahr. Haftung wird nicht übernommen“ steht.

Ein kurzer Blick nach rechts dann nach links, keine Panzer, kein Schützengraben, keine uniformierten Soldaten- also das Navi hat immer Recht. Nach ca. 5 Min. musste ich feststellen, dass es ein Fehler war. Nein, ich wurde nicht verhaftet und auch nicht angeschossen- ich bin nur in einem größeren Buddelkasten gelandet. 

Der Waldweg war aufgebuddelt und sehr sandig. Dort sah man, dass das Gelände öfters von schweren Fahrzeugen befahren wurde. Auf dem Fahrrad zu fahren war sogar für einen Berliner Radfahrer, der an Kummer gewöhnt ist, unmöglich. Mein Navi zeigte sich unerbittlich: geradeaus… und ein Navi hat….na, leider nicht immer Recht.

Nachdem mein Fahrrad und ich eine Wüstenwanderung von ca. 5 km hinter uns hatten und eine Mischung aus Sand und Staub meine Sonnenbrille verdunkelte, haben wir eine Landstraße erreicht. 

Der Besuch des Ukranenlandes, eine rekonstruierte Slawensiedlung, ist immer eine Reise wert. Spätestens in Targelow findest du die Geschichte zum Anfassen aus dem 9. und dem 10. Jahrhundert.

Jetzt noch ein Blick auf den Navi- es sind nur noch 13 km bis Ueckermünde, das schaffe ich. 

Ich glaube, ich wurde schon etwas langsamer und ruhiger, aber ich hatte ein Ziel, das zum Greifen nah  war: Ueckermünde, ich komme! Kurz nach dem Ortsschild, eine Infotafel mit Lindenhof Liepgarten Hotel. Liepgarten hörte sich nach Essen und Dusche an und ein Bett nach 160 km Radfahren, ok- da sage ich nicht nein.

Mein Zimmer hatte alles, was ich zu dem Zeitpunkt gebraucht habe, nur leider aus Essen wurde nichts, weil das Restaurant für eine geschlossene Gesellschaft reserviert war. Nach meinem letzten Müsliriegel und einem ausgiebigen Bad war ich bereit fürs Bett.

Am nächsten Morgen drehte sich die Welt viel langsamer, der Weg zum Bad wurde über Nacht länger und meine Fahrradtasche, die mittlerweile fast leer war, fühlte sich viel schwerer an.

Gefrühstückt habe ich in einem Anacapri Café am Marktplatz, dort begrüßte mich am Eingang ein Schild „Frühstücksbuffet“. Ein Platz draußen an der Sonne war eine sehr gute Idee. Am Nachbartisch eine Gruppe junger Männer, die sich -wie ich- auch etwas langsamer bewegt haben. Ich denke nicht, dass bei denen Fahrradfahren Schuld daran war, schon eher die Getränke am Tag zuvor- einem Junggesellenabschied- wie ich aus den Gesprächen heraus hören konnte. Ich glaube, wenn ich mich dazu gesetzt hätte, hätte niemand gemerkt, dass ich nicht so richtig dazu gehöre.

In meiner Vorbereitungsphase habe ich gelesen, dass man die Strecke um ca. 80 km abkürzen kann. Dazu könnte man eine Fähre von Ueckermünde nach Kaminke auf Usedom nehmen. Aber egal wie ich mich fühlte, eine Abkürzung kam bei mir nicht in Frage. Obwohl ich ganz kurz darüber nachgedacht habe. Langsam haben dann auch die zwei Tassen Kaffee ihre Wirkung entfaltet und ich war für eine Weiterfahrt bereit.

Jetzt nur noch 80 km und ich habe mein Ziel erreicht.

Sehenswürdigkeiten Etappe 3

  • Ukranenland. In den Museumsdörfern Ukranenland und Castrum Turglowe kann man „Geschichte zum Anfassen“ erleben.
  • Lindenhof Liepgarten Hotel
  • Marktplatz Ueckermünde. Auf dem historischen Marktplatz von Ueckermünde laden zahlreiche Cafés und Lokale zum Verweilen ein.
  • Anacapri Cafe am Marktplatz

TAG 2. 

Etape 4. Ueckermünde => Ahlbeck

Vor mir eine Moorlandschaft bei Anklam. Eine schöne Strecke entlang dem Anklamer Torfmoor. Dort sieht man eine unendliche Weite der Landschaft. Ein Naturparadies mit vielen seltenen Wasservögeln.

Nach ca. 35 km erreichte ich Kamp. Von dort eine kurze Fahrt mit der Fähre zur Insel Usedom und ich habe schon fast das Ziel erreicht. Habe ich gedacht.

Auf Usedom angekommen, warteten nur noch die letzten 50 km auf mich.

Ein Blick aus dem Hafen zeigte mir einen Berg… den schaffe ich locker. Dachte ich… 

Habe ich auch, aber oben angekommen, stellte ich fest, dass sich dahinter noch ein größerer Berg befand… den schaffe ich auch- wird ja wohl der letzte auf der Strecke sein. Ich fahre doch schließlich in Richtung Ostsee. Die Landschaft müsste immer flacher werden.

Wer das denkt, war noch nie auf Usedom. Die nächsten 30 km denkt man sich, man macht jetzt gerade eine Alpenüberquerung. So viel Hoch und Runter wie auf dem letzten Abschnitt sucht man auf der gesamten Strecke Berlin-Usedom vergebens.

Als ich alle Schimpfwörter in allen mir bekannten Sprachen verbraucht hatte, erblickte ich ein Schild “Dorf Bansin”. Jetzt nur noch 8 km und ich habe die Küste erreicht. 

Der Ausblick auf die Ostsee entschuldigte alle Strapazen- ich habe es geschafft!!!

Sehenswürdigkeiten Etappe 4

  • Anklamer Torfmoor. Das Anklamer Torfmoor ist zu jeder Jahreszeit eine ausgesprochen sehenswerte Landschaft.
  • Stadt Usedom. Im Stadtkern Usedoms befinden sich schöne Cafés und Geschäfte – ideal für eine kleine Pause während der Inseltour.
  • Seebrücke Heringsdorf. Mit einer Länge von 508 Metern ist die Seebrücke Heringsdorf die längste Seebrücke in Europa.

Fazit 

Eine sehr schöne Strecke, tolle Landschaften, sehr viel Natur und Ruhe. Ein  sehr empfehlenswerter Fahrradausflug, es ist an zwei Tagen zu schaffen. Für jemanden, der sich etwas Zeit lassen möchte, empfehle ich 3 oder sogar 4 Tages-Etappen. 

Da die Infrastruktur nicht so gut ausgebaut ist, empfehle ich immer, genug Wasser und Proviant mitzunehmen.

Checkliste für eine Fahrradtour:

  • Wasser
  • Müsliriegel und Obst
  • ein bequemer Fahrrad mit einem guten Fahrradsitz
  • Fahrradtasche für den Gepäckträger
  • Fahrradlicht
  • Fahrradwerkzeug für kleine Reparaturen unterwegs.
  • Ersatz Fahrradschlauch ( oder 2)
  • Regenjacke
  • Fahrradhosen mit einem Fahrrad-Ansatz
  • Sonnenbrille
  • Machete 🙂 😀 ( siehe Text oben )
  • Powerbank
  • Handy